Handlungsanleitung

Gemeinsame Erfahrungen beim Lernen

Projektarbeit ist als Methode besonders geeignet, um gemeinsame Lernerfahrungen zu ermöglichen. Das wirklich Interessante an der Projektarbeit: Sie lebt davon, dass die Lernenden ihre verschiedenen Interessen einbringen und ihre Kompetenzen und Sichtweisen auf ein Thema bereitstellen. Durch die je eigenen Stärken, das eigene Wissen und die eigenen Lernweisen wird der Arbeitsprozess der Gruppe bereichert. Und das I-Tüpfelchen ist: Sie entwickeln das Projekt zusammen mit Ihren Lernenden – so ist es von Anfang an eine gemeinsame Lernerfahrung. Und für viele Lernende ist das auch deshalb interessant, weil das Thema selbstgewählt oder auf alle Fälle von ihnen mitbestimmt ist.

In Projekten können sich Lernende theoretisches und praktisches Wissen bei der Lösung eines Problems – dem Projekt – aneignen. Projekte sollten – gerade in der Bildungsarbeit mit weniger lerngewohnten Teilnehmenden – handlungsorientiert sein und viel Selbständigkeit der Einzelnen und der Lerngruppe ermöglichen. Projektarbeit regt zudem zur Zusammenarbeit zwischen den Teilnehmenden an, z.B. dann, wenn eine Gruppe sich zum Gelingen des Projektes gegenseitig ergänzen oder zuarbeiten muss.

Wichtig bei der Projektarbeit:

  • Am Ergebnis hat jeder und jede mitgewirkt, also einen Anteil
  • Das Ergebnis jeder Projektgruppe wird der Gesamtgruppe präsentiert und gewürdigt

Projektarbeit hat einige Merkmale, die typisch für praxis- und handlungsorientierte Methoden sind (vgl. Flechsig 1996)

  • Die Lernenden haben so weit als möglich Einfluss auf die Auswahl der Projektaufgabe. Sie bestimmen auf Grundlage ihrer Interessen das Thema selbst oder zumindest maßgeblich mit.
  • Die Projektarbeit hat mit einer wirklichen Erfahrung zu tun. Die Projektaufgabe ist also praxisbezogen. Sie hat Bezug zur Lebenspraxis der Lernenden, hat mit relevanten gesellschaftlichen, politischen, arbeitsbezogenen Fragen und Realitäten zu tun und dient möglichst dazu, das Leben und Arbeiten besser zu bewältigen.
  • Projektarbeit ist teilnehmerorientiert und ermöglicht aktives und selbstständiges Lernen: Die Lernenden haben größtmöglichen Planungs-, Entscheidungs- und Handlungsspielraum bei der Bearbeitung der Projektaufgaben. So werden die Projektprinzipien der Demokratieorientierung, der Partizipation und der Selbststeuerung eingelöst.
  • Theoretisches Wissen aus Lehrbüchern oder von Experten wird mit Experimenten oder Erkundungen, mit praktischem Tun verzahnt.
  • Anhand komplexer Projektarbeiten findet ein ganzheitliches Lernen statt: Die Teilnehmenden erfahren, dass die Bearbeitung und Lösung der Aufgabenstellung/des Problems auf verschiedene Art und Weise erfolgen kann. Die Projektarbeit integriert kognitive, soziale, affektive und motorische Leistungen der Lernenden.
  • Projektarbeit ermöglicht ein Lernen durch Reflexion: Nachdenken, Ausprobieren, Fehler analysieren und korrigieren, Vorwissen aktivieren und nutzen bilden Grundlage und Anlass für immer wieder neue Lernerfahrungen.
  • Im Ergebnis der Projektarbeit steht ein Produkt der Projektgruppe.

Einsatzmöglichkeiten

Projektarbeit kann als Methode in allen Bereichen der Bildungsarbeit mit Geringqualifizierten eingesetzt werden. Wichtig ist es, dass die zu bearbeitende Themen- und Problemstellung möglichst aus der Gruppe heraus, bezogen auf eine der Gruppe wichtige Situation, selbst bestimmt wird und lösungs- und ergebnisorientiert bearbeitet und abgeschlossen werden kann. Je nach Entwicklungsstand der Gruppe und mehr noch abhängig von den institutionellen Rahmenbedingungen wird die Möglichkeit der selbstbestimmten Wahl des Themas/der Problematik stärker oder weniger stark möglich sein. Projektarbeit ist eine gute Methode, um das Prinzip der geteilten Verantwortung im Lern-/Lehrprozess erfahrbar zu machen.

Projektarbeit ist für alle Zielgruppen der Erwachsenenbildung sinnvoll, der Mehrwert erschließt sich für die Beteiligten sehr schnell. 

In Anlehnung an die Stufen nach Frey (1998), die in vielen Praxen leitend sind, kann nun Projektarbeit angelegt werden.

1. Schritt: Initiierung und Vorbereitung

Es geht um die Suche nach einem der Gruppe wichtigen Thema, nach Projektideen, die sich im Kursverlauf abzeichnen und auch nach den Rahmenbedingungen und Ressourcen, unter denen eine Idee als Projektauftrag konzipiert werden kann. In unserem oben skizzierten Fall werden zunächst alle relevanten Situationen gesammelt. Dann werden die Ideen identifiziert, die den Teilnehmenden die vordringlichsten, wichtigsten oder interessantesten sind. Als Rahmenbedingung gilt, dass der Arbeitsplatz als Lernquelle mit genutzt werden kann.

2. Schritt: Einführung in die Projektmethode

Jetzt geht es darum, der Gruppe die Projektmethode vorzustellen, den Ablauf, den zeitlichen Rahmen zu klären, fachliche Vorinformationen zu geben, die Bedeutung der von der Gruppe gewählten Projektthemen zu betonen und nach den Interessen der Lernenden Projektgruppen zu bilden. In unserem Falle bilden sich drei Gruppen, für jedes Thema jeweils diejenigen, die es angeregt haben.

3. Schritt: Planung der konkreten Projektarbeit

Mit diesem Schritt beginnt die konkrete Projektarbeit. Die Gruppen erhalten eine schriftliche Arbeitsgliederung, mit deren Hilfe sie ihre Themenstellung und -aspekte präzisieren, das Ziel festlegen, Arbeitsmethoden und -orte bestimmen, Arbeitsteilung besprechen und entscheiden, den Zeit- und Materialplan anlegen. Im Ergebnis steht der Projekt-Arbeitsplan. Die Praxis der Projektarbeit mit Geringqualifizierten macht deutlich, dass etliche Lernende zunächst ungern eine eigene Teilaufgabe übernehmen. Bewährt hat es sich, Tandems zu bilden, die gemeinsam einen Teilauftrag abwickeln.

Ein Zwischenschritt bei Schritt drei kann sein, einen Fixpunkt für Beratung und Informationsaustausch zu schaffen: Die Erfahrung zeigt, dass im Verlauf dieses Planungsschrittes die Kursleitung als Beraterin fungiert, um bei Fragen und Unsicherheiten zu unterstützen. Die geforderte systematische Anlage eines Arbeitsplanes fällt nicht allen Lernenden leicht. Am Ende des Planungsschrittes bringen sich in unserem Beispiel die drei Projektgruppen gegenseitig auf den Stand, indem sie sich ihren Arbeitsplan gegenseitig vorstellen.

4. Schritt: Projektarbeit durchführen

Die meiste Zeit nimmt die Durchführung der Projektarbeit in Anspruch, die nach den in der Gruppe vereinbarten Schritten erfolgt, wo die Kursleitung Unterstützung sichert, darauf achtet, dass die Gruppen ihre Ergebnisse besprechen und (schriftlich) sichern. In unserem Beispiel nutzen die drei Gruppen den Arbeitsplatz, um beispielsweise die Expertise einer Kollegin oder eines Kollegen zu gebrauchen, sich Dokumentationen zu beschaffen und diese sprachlich zu typisieren u. ä. Das am Arbeitsplatz Erfahrene wird in der Gruppe wiederum reflektiert und es werden Eindrücke und Erkenntnisse festgehalten.

5. Schritt: Projektarbeit abschließen: Präsentation, Feedback und Auswertung

Jede Gruppe erhält nun die Möglichkeit, ihre Ergebnisse und Erkenntnisse für eine Präsentation in der Gesamtgruppe vorzubereiten und dann durchzuführen. Jede Gruppe erhält von Kursleitung und der Gruppe ein Feedback. Die Kriterien für das Feedback können dabei auch in der Gruppe oder von der Kursleitung vorbereitet sein.

Jede Gruppe macht – entweder nach der Präsentation und dem Feedback durch die anderen oder vor der Präsentation – eine Auswertung der eigenen Projektarbeitsphase. Dafür empfiehlt es sich, mit der Gruppe oder für die Gruppe einen Fachreflexionsbogen vorzubereiten, denn auch die Auswertung von Lernleistungen und Lernergebnissen fällt nicht allen Lernenden leicht. Im Methodenpool der Uni Köln finden sich gute Reflexionskriterien.

Voraussetzungen

Projektarbeit braucht eine gute Vorbereitung. Das beginnt mit der Beobachtung und Wahrnehmung der Kursleitung, welche Lerninteressen sich im Kursverlauf bei den Teilnehmenden zeigen. Gute Erfahrungen, um an Projektideen zu kommen, wurde damit gemacht, Teilnehmende erzählen zu lassen, was sie mit einem Thema verbindet, was sie assoziieren zu einem Thema, wo ihnen ein Thema schon einmal begegnet ist und ähnlichem.

Projektarbeit tut es gut, wenn die Rahmenbedingungen es erlauben, den Kursraum zu verlassen, um praktisches Erfahren zu ermöglichen. In unserem Beispiel war das für die Beschäftigten der Altenhilfeeinrichtung der eigene Arbeitsort.

Projektbegleitend sollten immer wieder Fixpunkte vorgesehen werden. Der Fixpunkt ist eine kurzfristige Unterbrechung der Projektaktivitäten, wo gegenseitige Informationen der durchgeführten Tätigkeiten und eine gemeinsame Organisation im weiteren Verlauf besprochen und diskutiert werden. 

CC BY SA 3.0 by Rosemarie Klein für wb-web


Quellen

Flechsig, K.-H. (1996). Lernprojekt. Kleines Handbuch Didaktischer Modelle. Eichenzell: Neuland-Verlag.

Frey, K. (2012): Die Projektmethode. Der Weg zum bildenden Tun. 12. Aufl. Weinheim/Basel: Beltz.


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