Handlungsanleitung

ComicTools – Werkzeuge zur Erstellung von Comics

Mit Comics und Cartoons kann man schnell komplette Geschichten erzählen – und so im Bildungskontext Inhalte vermitteln. Die können einen lustigen und originellen Moment haben, aber auch erklärenden Charakter. Es gibt viele Varianten, wie man Comics und verwandte Genres im Bildungskontext einsetzen kann: vom bloßen Erklären von bestimmten Aspekten anhand einer gut ausgesuchten Bildergeschichte bis zu eigenen Visualisierung von Inhalten durch Lernende. Diese Handlungsanleitung erklärt, angereichert durch  zahlreiche Praxisbeispiele, wie es geht. 

Zeichnen eines Comics per Hand

Die Erstellung eines Comics (Bild: Emuzesto/wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Am Anfang steht der Wunsch des Lehrenden, diese Art der Vermittlung einzusetzen, dann muss ein Konzept entwickelt werden, welche didaktische Herangehensweise zu den Lernzielen, den Inhalten und der Zielgruppe passt und in welchem konkreten Ablauf sie in die Lehrveranstaltung eingebettet werden soll. Nach Durchführung der Lehrveranstaltung können die Ergebnisse auf unterschiedliche Art weiterverwendet und dokumentiert werden, um entweder dem kollektiven oder individuellen Lernerfolg zu dienen.

Comics, Cartoons, Bildergeschichten und Karikaturen kommen im Bildungskontext an vielen Stellen vor. Gerne werden sie zu politischen und geschichtlichen Themen gezeigt, um zugespitzt auf bestimmte Aspekte hinzuweisen und als Diskussionsanregung oder auch einfach nur der Auflockerung eines etwas sperrigen Themas zu dienen. Zu vielen Themen gibt es Materialien, doch aus didaktischer Sicht bleibt es hier beim Betrachten der Bilder und der verbalen Reflexion, z.B. durch eine Gruppendiskussion oder in einer Einzelarbeit zu Fragestellungen, die oft der Lehrende vorgegeben hat. Ein weiterer interessanter Schritt im Hinblick auf eine umfassendere Lernzielerreichung könnte die Produktion von Inhalten sein, die als Bilderfolgen (Comics, Cartoons oder Bildergeschichten) dargestellt werden können.

In der Erwachsenenbildung kann es Vorbehalte gegen die Produktion von Bilderfolgen im Lernkontext geben. So assoziieren viele Erwachsene mit Comics banale Inhalte, eine verkürzte Darstellung von Inhalten oder empfinden die Auseinandersetzung mit gezeichneten Bildern als nicht ernsthaft genug. Aus didaktischer Sicht ist so eine Haltung bedauerlich, da die Produktion und Betextung von Bilderfolgen eine eigene Transferleistung bedeutet, die eine intensive Auseinandersetzung mit den Inhalten erfordert.

Comics, Bildergeschichten und Cartoons werden oft unterschätzt: Sie stellen sehr prägnant auch komplexe Sachverhalte dar und nutzen gleichzeitig die Vorteile der bildlichen Darstellung. Es werden Assoziationen und Erinnerungen geweckt und die gleichzeitige Auseinandersetzung mit den verschiedenen Elementen eines Bildes ist notwendig, wodurch automatisch eine höhere Konzentrationsleistung und Aufmerksamkeit erreicht wird. Bilder mit Menschen, die interagieren, lösen Emotionen aus und führen fast automatisch zur Bildung eines Urteils des Betrachters über das Geschehen. Bildergeschichten geben sehr stark eine inhaltliche Richtung und Bewertung vor, sie sind quasi weniger neutral und objektiv als Inhalte, die nur verbalisiert kommuniziert werden. Auf der anderen Seite verdeutlichen diese Darstellungen auch die vielen Facetten von komplexen Themen und unterstreichen durch die oft vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten die Mehrdeutigkeit menschlichen Handelns. Das Verhältnis von Text und Bild nimmt bei der Bildergeschichte einen konstitutiven Stellenwert ein. Text und Bild sind in der Bildergeschichte zwei Manifestationssprachen, die auf komplexe Art ineinander übergehen und lose oder fest verbunden sind. Anders als bei einer bloßen Illustration können Text und Bild in der Bildergeschichte nicht unabhängig voneinander gedeutet werden.

Ein didaktischer Mehrwert entsteht dann, wenn Lernende dazu motiviert werden können, selbst Produzierende oder Inhaltsliefernde für Bildergeschichten zu werden. Die bisherigen didaktischen Hinweise beschränken sich in der Regel auf den Einsatz in Schulen. Der Bereich der Erwachsenenbildung scheint zumindest in der Fachdidaktik noch wenig vorzukommen.

Es gibt verschiedene didaktische Formen, wie Comics, Bildergeschichten oder Cartoons, die im Bildungskontext eingesetzt werden können. Dem Einfallsreichtum des Lehrenden sind da kaum Grenzen gesetzt, der Lehrende muss – wie bei allen didaktischen Instrumenten – nur eine Form finden, die zu den Lernzielen und der Zielgruppe passt.

Nachfolgend werden einige didaktische Formen für den Einsatz von Comics, Bildergeschichten und Cartoons vorgestellt. Im Anschluss daran werden Anwendungen beschrieben, die eine Umsetzung der Visualisierungen erlauben.

Eine Bildergeschichte oder ein Cartoon können in einer Lehrveranstaltung vorgestellt werden und dort als Diskussionsanreiz dienen. Die Plausibilität der dargestellten Handlungen und Dialoge kann diskutiert werden, genauso wie die Einflussfaktoren, denen die handelnden Personen unterliegen. (Praxisbeispiel 3)

Die Texte der Bildergeschichte oder des Cartoons könnten Lücken enthalten oder ganz fehlen, so dass die Lernenden aufgefordert werden, die Texte zu ergänzen, um einen konsistenten Ablauf zu einem bestimmten Thema zu generieren. (Praxisbeispiel 1 und 2)

Die Bildergeschichte oder der Cartoon könnten unvollständig im Hinblick auf die Bildfolge sein, so dass die Lernenden die bildlichen Aspekte ergänzen sollen, z.B. um eine Entwicklung vorher zu sagen.

Den Lernenden könnten Figuren und Szenen zur Verfügung gestellt werden, aus denen sie selbst Bildergeschichten oder Cartoons zu einem bestimmten Thema generieren sollen. (Praxisbeispiel 4)

Die Lernenden könnten aufgefordert werden, selbst bildliche Darstellungen zu entwickeln. Eine häufig gestellte Aufgabe in dem Bereich ist die Entwicklung von Piktogrammen zu vorgegebenen Themen, so dass hier die Lernenden gezwungen sind, die wesentlichen Aspekte herauszuarbeiten. (Praxisbeispiel 5)

Das hier in verschiedenen Praxisbeispielen vorgestellte Konzept zum Einsatz von Comics und Bildergeschichten besteht aus folgenden Elementen:

  • der Lernzielformulierung (z.B. Wiederholung von Inhalten, Vertiefung von Inhalten, Finden von Lösungen)
  • der Methode (z.B. eine oder mehrere leere Sprechblasen, eine unvollständige Bildergeschichte)
  • der Form der Auswertung der Ergebnisse (z.B. Poster-Session oder eine individuelle Vorstellung und Besprechung)
  • der Festlegung der zeitlichen Dauer für die Erarbeitung und die Auswertung

Praxisbeispiel 1

In einer Lehrveranstaltung geht es um Staatsverschuldung. Es werden theoretische Hintergründe und politische Lösungsszenarien dargestellt und besprochen. Nach einer Plenumsdiskussion wird die Cartoon-Aufgabe gestellt. Es handelt sich um einen Ein-Bild-Cartoon. Auf dem Bild sind ein Bus zu sehen, der Busfahrer und ein Fahrgast. Der Busfahrer nennt dem Fahrgast den Preis für die Fahrkarte „2,80 Euro“ und erwartet, dass der Fahrgast den Betrag bezahlt. Der Fahrgast antwortet aber: „Bei dem Haushaltsdefizit Ihrer Kommune lohnt es sich ja gar nicht, dass ich bezahle.“ Die Antwort des Busfahrers bleibt offen (leere Sprechblase). Die Aufgabe besteht nun darin, in Einzel- oder Partnerarbeit die dritte Sprechblase auf dem Bild so zu füllen, dass zusammen mit der Szene ein stimmiger Dialog entsteht.

Welche Vorbereitung ist notwendig? Der Lehrende muss hier lediglich das Bild mit den zwei Personen und den Sprechblasen vorbereiten und in ausreichender Zahl in der Lernsituation bereithalten.

Sollte das eigene zeichnerische Talent des Lehrenden nicht ausreichen, gibt es im Internet zahlreiche kostenlose Programme und Plattformen, wo man sich aus Charakteren und Szenarien schnell seinen Cartoon zusammenklicken kann.

Wie kann man diese Aufgabe auswerten?

Je nach Gruppengröße können die Cartoons einzeln vorgestellt werden oder in einer Galerie aufgehängt und betrachtet werden. Aus den Antworten könnten auch Lösungsvorschläge für ein kommunalpolitisches Fallbeispiel entwickelt werden.

Praxisbeispiel 2:

Kopiervorlage einer Bildergeschichte zum Weiterarbeiten

Arbeiten mit Comics und Bildergeschichten (Bild: Maria-Christina Nimmerfroh, Foto nicht unter freier Lizenz)

In einer Lehrveranstaltung aus dem Bereich Philosophie werden die Gettier-Probleme zur Definition des Wissens besprochen. Die Teilnehmer bekommen Informationen durch einen Lehrendenvortrag und beschäftigen sich in Einzelarbeiten mit Primär- und Sekundärtexten, zu denen sie Fragen beantworten. Zur Vertiefung des sehr komplexen Themas bekommen die Lernenden eine Cartoon-Aufgabe: Sie sollen in Partnerarbeit einen vorgegebenen Mehr-Bild-Cartoon betexten. Sie sollen sowohl die Sprechblasen füllen als auch zu jedem Bild einen einleitenden Satz formulieren. In diesem Mehr-Bild-Cartoon wird ein bereits als Text besprochener Gettier-Fall gezeigt. Der Anspruch der Aufgabe kann gesteigert werden, wenn noch die Mimik der handelnden Personen berücksichtigt werden muss. Die Form der Partnerarbeit wird gewählt, damit die Lernenden sich über die Aufgabe austauschen müssen, um eine gemeinsame Lösung zu finden.

Welche Vorbereitung ist notwendig?

Der Lehrende muss den Mehr-Bild-Cartoon vorbereiten und die konkrete Aufgabenstellung formulieren.

Wie kann man diese Aufgabe auswerten?

Neben der bereits erwähnten Möglichkeit der Galerie kann man auch die Bilder einzeln durchgehen und die Lernenden motivieren, jeweils ihre Lösung vorzustellen. Dazu kann es hilfreich sein, die einzelnen Bilder als Bildschirmpräsentation zu zeigen.

Praxisbeispiel 3:

Das Thema der Lehrveranstaltung ist Geschlechterunterschiede im Arbeitskontext. Vorgelegt wird ein Ein-Bild-Cartoon.


Cartoon über Geschlechterstereotype in der Zahnmedizin]

Ein-Bild-Cartoon  (Bild: Maria-Christina Nimmerfroh, Bild nicht unter freier Lizenz)

Die Diskussionsfragen an die Lernendengruppe lauten: Welche Stereotype werden hier genannt? Zu welchen Annahmen führen sie? Welches Verhalten ist für Entscheider, die diesen Stereotypen unterliegen, wahrscheinlich? Wie könnte man gegen diese Stereotype vorgehen? Die Aufgabe kann im Plenumsgespräch gelöst werden, aber auch in Einzel- oder Partnerarbeit.

Welche Vorbereitung ist notwendig?

Der Lehrende muss einen zum Thema passenden Cartoon erstellen oder heraussuchen und konkrete Diskussionsfragen formulieren.

Wie kann man diese Aufgabe auswerten?

Die Auswertung kann im Plenumsgespräch erfolgen oder auch durch individuelle Rückmeldung des Lehrenden, falls die Ergebnisse schriftlich eingereicht wurden.

Praxisbeispiel 4:

Das Thema der Lehrveranstaltung ist Nachhaltigkeit im individuellen Konsumverhalten. Die Lernenden sollen einen Cartoon entwickeln, der sich für die Kommunikation von Nachhaltigkeitsappellen an Konsumierende eignet. Sie bekommen dazu den Hinweis auf eine einfach zu nutzende Online-Plattform für die Erstellung von Cartoons und sollen einen Ein-Bild-Cartoon texten und gestalten, der Konsumierenden in einem Aspekt zu nachhaltigerem Verhalten auffordern soll. Die Aufgabe kann in Einzel- oder Partnerarbeit gelöst werden, sie kann auch außerhalb der Lehrveranstaltung gelöst werden, z.B. als eine Art Hausaufgabe.

Welche Vorbereitung ist notwendig?

Der Lehrende muss sicherstellen, dass die Lernenden Zugang zu Geräten mit Internet-Zugang haben (Smartphones sind in der Regel zur Nutzung von Cartoonerstellungsplattformen nicht geeignet). Der Lehrende muss eine Online-Plattform auswählen, die für die teilnehmende Gruppe gut zu bedienen ist. Hier sind die Fähigkeiten der Gruppe zu berücksichtigen. Außerdem ist zu klären, in welcher Form die Ergebnisse in die Lehrveranstaltung eingebracht werden (z.B. Zusendung per E-Mail an den Lehrenden oder Teilen des Links in einem Online-Forum der Gruppe oder Mitbringen einer gedruckten Version).

Wie kann man diese Aufgabe auswerten?

Die Ergebnisse können in einer Plenumsdiskussion in Bezug auf ihre Wirkung diskutiert werden.

Praxisbeispiel 5:

Thema der Lehrveranstaltung ist Kreativitätstechniken. In der Aufgabe „Symbolsprache” soll die Nutzung kreativer Potentiale trainiert werden.

Die Aufgabe lautet: Piktogramme sind Hinweise oder Aufforderungen in einer leicht verständlichen Zeichensprache. Diese Zeichen dienen der schnellen und sprachfreien Kommunikation. Die Aufgabe ist, selbst solche Zeichen zu erfinden bzw. zu gestalten. Zu der folgenden Liste von Verboten und Aufforderungen sollen allgemein verständliche Zeichen oder Symbole erstellt werden. Die Verwendung von Buchstaben ist nicht gestattet, Zahlen dürfen Sie verwenden. Die Liste der Aufforderungen:

Bei schlechtem Wetter Fenster schließen! Bitte sprechen Sie jetzt! Keine Gewaltdarstellung in Kinderfilmen! Keinen Alkohol verkaufen! Bitte nicht sprechen! Hunde dürfen unangeleint spazieren gehen. Licht ausschalten!

Die Aufgabe kann in Einzel- oder Partnerarbeit gelöst werden.

Welche Vorbereitung ist notwendig?

Der Lehrende muss passende Themen für die Piktogramme auswählen.

Wie kann man diese Aufgabe auswerten?

Die Ergebnisse können auf großen Papierbögen in Form einer Galerie präsentiert werden. Die einzelnen Motive können von allen Teilnehmenden bewertet werden (z.B. durch Anbringen von Punkten), so dass besonders gute Motive im Hinblick auf ihre Wirkung auf den Betrachtenden besprochen werden können. Die Lernenden sollten möglichst viele Punkte vergeben können, damit ein möglichst differenziertes Bewertungsbild entsteht.

Comics und Bildergeschichten mit digitalen Werkzeugen selbst erstellen

Wenn Lehrende Online-Tools zur Erstellung der Cartoons, Bildergeschichten oder Comics nutzen möchten, ist es in jedem Fall empfehlenswert, vorher in einer Konzeption Bild für Bild die Figuren und den Text festzulegen und erst dann mithilfe einer Online-Plattform umzusetzen. Am Anfang steht das konkrete Thema des zu erstellenden Cartoons oder der Bildergeschichte, das sich aus der Lehrveranstaltung ergibt. Steht das Thema fest, ist es sinnvoll, zunächst festzulegen, wie die Aufgabe für die Lernenden aussehen soll, weil sich daraus ergibt, wie detailliert der Cartoon oder die Bildergeschichte durch den Lehrenden vorgegeben werden muss. Sollen die Lernenden beispielsweise nur Texte ergänzen, muss der Lehrende alle Bildelemente und die Bildfolge festlegen.

Jede Aufgabenstellung kann sinnvoll und hilfreich sein. Wie bei allen didaktischen Instrumenten hängt es vom Lernziel, der zur Verfügung stehenden Zeit und der Zielgruppe ab, welche konkrete Form gewählt wird. Hat sich der Lehrende für eine Form entschieden, ist die Umsetzung der Idee auf Papier empfehlenswert, um sie im Anschluss auf einer Online-Plattform zu verwirklichen. Die Konzeptionsphase besteht also aus der Auswahl eines Aspekts der Lehrveranstaltung, der konkreten Aufgabenform für die Lernenden und der Skizzierung der Bilder und dem Formulieren der Texte für die Bilder oder Bildfolge, die genutzt werden soll.

Bei den Tools wählt man die Charaktere und die weiteren Gestaltungsmerkmale sowie das Layout des Comics aus (ein Bild, mehrere Bilder etc.) und ergänzt es um die Sprech- und Denkblasen.

Die selbst erstellten Comics oder Cartoons erhält die Nutzerin bzw. der Nutzer entweder als Bild im Browser angezeigt (und kann es speichern) oder als E-Mail zugeschickt. Die meisten Tools unterstützen auch das Teilen der Inhalte in sozialen Netzwerken.

Für die Auswahl einer Online-Plattform empfiehlt es sich, mehrere auszuprobieren, um dann nach Anforderungen und eigenen Nutzungsvorlieben (z.B. Stil der dargestellten Figuren) auszuwählen. Die Online-Plattformen unterscheiden sich einmal in den Nutzungsvoraussetzungen (z.B. notwendige Registrierung), in den Möglichkeiten der Gestaltung (z.B. Anzahl der verschiedenen Charaktere) und in den Ausgabeformaten (z.B. Versand der Bilddatei per E-Mail oder verschiedene Bildformate).

 

In der Linkliste Zehn Tools zur Gestaltung von Comics und Cartoons werden webbasierte Dienste vorgestellt, die man kostenlos nutzen kann. 

CC BY SA 3.0 DE von Maria-Christina Nimmerfroh für wb-web


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