Handlungsanleitung
Lernziele formulieren leicht gemacht
In dieser Handlungsanleitung erfahren Sie, wie Sie je nach der Art des Lernziels – aus dem kognitiven, dem psychomotorischen oder dem affektiven Bereich – sinnvolle Lernzielformulierungen erstellen.
Kognitive Lernziele
Kognitive Lernziele sind Lernziele im Bereich Wissen, Kennen, Verstehen. Sie werden im Kopf erarbeitet. (Kognition = Erkenntnis)
Formulierung
Ein sorgfältig ausformuliertes kognitives Lernziel umfasst drei Teile, nämlich das Endverhalten, die Bedingungen und den Maßstab.
- Endverhalten (was)
Die Beschreibung des von den Lernenden erwarteten Endverhaltens muss in eindeutige Begriffe gefasst werden. Es muss ein beobachtbares Verhalten beschrieben werden. Unter Endverhalten wird das Verhalten der Lernenden nach durchlaufenem Lernprozess bezeichnet. Ein Lernziel wie „Die Lernenden entwickeln Kompetenz im Umgang mit WORD“ bezeichnet nicht das Endverhalten, sondern den Prozess, nämlich die Entwicklung. - Bedingungen (wie)
Beschreibt die Bedingungen und nennt die Mittel, derer sich die Lernenden bedienen oder nicht bedienen dürfen oder unter denen sich das Verhalten als das erwünschte Endverhalten erweist. Dürfen sie Handbücher verwenden oder sich unterhalten? Muss ein bestimmter Lösungsweg, ein bestimmtes Programm verwendet werden? Müssen formale Vorgaben eingehalten werden? - Maßstab (wieviel)
Als Letztes gilt es, einen Beurteilungsmaßstab für die Qualität des Verhaltens festzulegen. Maßstäbe können in Bezug auf Qualität, Menge oder Zeit gesetzt werden. Wie lange haben die Lernenden Zeit, um die Aufgaben zu lösen? Müssen alle Aufgaben gelöst werden? Wie viel Abweichung oder wie viele Fehler sind erlaubt? Wie muss das Ergebnis genau aussehen? Wann gilt ein Problem als gelöst? Wann gilt eine Lösung als richtig?
Endverhalten | Bedingungen | Maßstab |
Sie können eine Tabelle erstellen | mit Hilfe des Textverarbeitungs-Programmes | mit vier Spalten und zehn Zeilen |
Sie können eine Entscheidungstabelle erstellen | ohne Hilfsmittel | mit vier gewichteten Kriterien für die Evaluation einer Software |
Hilfen für die Lernzielformulierung
Es zwingt dazu, einen Endzustand zu formulieren, wenn der Satz mit „Die Lernenden können“ oder „Die Lernenden sind in der Lage,“ beginnt.
Für die Beschreibung sind Tätigkeitswörter (Verben) zu verwenden, die eindeutig beschreiben, welches Verhalten die Lernenden zeigen sollen. Alle Verben in Lernzielen, aus denen sich eine eindeutige Testaufgabe konstruieren lässt, eignen sich.
Bei der Lernziel-Formulierung sollen Verben verwendet werden, die vom Intensitätsniveau her auf die Lernenden zugeschnitten sind. Die Verben (siehe weiter unten) bestimmen den Schwierigkeitsgrad.
Vier Beispiele, die unterschiedliche Stufen zeigen:
- Verschiedene Ausgabegeräte aufzählen.
- Die Funktion verschiedener Ausgabegeräte beschreiben.
- Ein (bestimmtes) Ausgabegerät konfigurieren bzw. einstellen.
- Ein Ausgabegerät für einen bestimmten Einsatz evaluieren.
Allgemeine, umfassende oder vieldeutige Angaben in Lernzielen sind möglichst zu vermeiden. Beispiel: Wenn die Beschreibung des Endverhaltens „Kennt die wichtigsten Entscheidungswerkzeuge“ lautet, so ist das Lernziel nur überprüfbar, wenn gleichzeitig vorgegeben wird, welches die wichtigsten Entscheidungswerkzeuge sind.
Es ist nicht nötig, für jeden noch so kleinen Lernschritt ein Ziel zu formulieren. In der Regel reicht für eine bis zwei Unterrichtseinheiten ein Feinziel.
Taxonomiestufe 1 Wissen, Kenntnisse | Taxonomiestufe 2 Verständnis | Taxonomiestufe 3 Anwendung |
andeuten anführen angeben aufführen aufsagen aufschreiben aufzählen ausdrücken ausführen aussagen benennen berichten beschreiben bezeichnen darstellen erzählen nennen schildern schreiben skizzieren zeichnen | ableiten bestimmen darlegen darstellen definieren demonstrieren deuten erklären erläutern formulieren herausstellen identifizieren interpretieren präsentieren Schlüsse ziehen übersetzen übertragen zusammenfassen | Anwenden aufsuchen ausfüllen bearbeiten berechnen drucken durchführen einrichten eintragen erarbeiten ermitteln errechnen erstellen formatieren gestalten herausfinden herstellen konfigurieren löschen lösen nutzen planen sichern speichern verwenden |
Taxonomiestufe 4 Analyse | Taxonomiestufe 5 Synthese | Taxonomiestufe 6 Bewertung |
analysieren bestimmen einordnen einteilen entnehmen gegenüberstellen herausstellen isolieren sortieren testen unterscheiden untersuchen vergleichen | ableiten beziehen auf entwerfen entwickeln in Beziehung setzen konzipieren koordinieren ordnen tabellieren verbinden zuordnen zusammenstellen | auswählen auswerten begründen beurteilen bewerten entscheiden evaluieren klassifizieren kritisch vergleichen prüfen Stellung nehmen urteilen |
Psychomotorische Lernziele
Psychomotorische Lernziele sind Lernziele im Bereich Können, Handeln, Tun. Sie werden mit den Händen geübt (Motorik = Bewegungsablauf) und bedacht (überlegtes Handeln, deshalb psychomotorisch). Bei Lehrabschlussprüfungen kennen wir die Überprüfung der psychomotorischen Lernziele vom praktischen Prüfungsteil. Sie erfordert normalerweise Werkzeuge und Material.
Ein sorgfältig ausformuliertes psychomotorisches Lernziel umfasst drei Teile, nämlich das Endverhalten, die Bedingungen und den Maßstab:
Endverhalten | Bedingungen | Maßstab |
Sie sind fähig, eine Verbindung herzustellen | ohne Nägel, Klammern und Schrauben | stabile Holz- |
Sie können ein defektes Stromkabel ersetzen | innert 15 Minuten | so dass die Stromversorgung sicher und einwandfrei funktioniert |
Es zwingt dazu, einen Endzustand zu formulieren, wenn der Satz mit „Die Lernenden können“ oder „Die Lernenden sind in der Lage“ beginnt.
Für die Beschreibung sind Tätigkeitswörter (Verben) zu verwenden, die eindeutig beschreiben, was die Lernenden tun sollen. Es geht darum, eine eindeutige Testaufgabe zu konstruieren.
Allgemeine, umfassende oder vieldeutige Angaben in Lernzielen sind möglichst zu vermeiden. Beispiel: Wenn die Beschreibung des Endverhaltens „Kann vier gängige Eiscreme-Sorten herstellen“ lautet, so ist das Lernziel nur überprüfbar, wenn gleichzeitig vorgegeben wird, welches die gängigen Sorten sind und welche Zutaten verwendet werden sollen.
Psychomotorische Ziele sind meistens ziemlich komplex. Die Überprüfung erfolgt deshalb mittels genauer (Qualitäts-)Kriterien.
Affektive Lernziele
Affektive Lernziele sind Lernziele im Bereich von Gefühlen, Einstellungen und Werten. Sie werden über die Reflexion, den Austausch und praktische Anwendung geübt (Affektiv = gefühlsmäßig).
Affektive Lernziele stehen in den Bereichen Erziehung, politische Bildung, aber auch Sozialkompetenzen im Vordergrund.
Ein sorgfältig ausformuliertes affektives Lernziel umfasst drei Teile, nämlich das Endverhalten, die Bedingungen und den Maßstab.
Endverhalten | Bedingungen | Maßstab |
Sie sind fähig ein Konfliktgespräch zu führen | im Rollenspiel | nach den Gesprächsregeln der TZI |
Sie können ihrem Mitarbeiter darlegen, dass er bei der Arbeit einen Helm tragen muss | spontan in einem Satz | überzeugend |
Problematik der affektiven Lernziele
Das Anstreben affektiver Lernziele beinhaltet Persönlichkeitsentwicklung. Wer nun ist berechtigt, die Richtung von Persönlichkeitsentwicklung zu bestimmen? Ob in Führungsausbildung oder juristischen Zusammenhängen, in der Medizin oder bei Kursen zur Verbesserung der Sozial- und Selbstkompetenzen: Wer entscheidet, welches affektive Ziel moralisch und ethisch vertretbar ist? In der beruflichen Weiterbildung werden affektive Ziele nur selten explizit dargelegt. Weitaus häufiger werden sie implizit mitverfolgt (Beispiele: Hinführung zu einem kooperativen Führungsstil, Verbesserung der Überzeugungskraft im Verkaufsgespräch, Anpassungsleistungen bei der Teamentwicklung, Disziplin bei jungen Erwachsenen, Leistungsbereitschaft bei Erwerbslosen, etc.).
Für die Lehrperson ist es unumgänglich, sich der eigenen Werte, Gefühle und Überzeugungen bewusst zu werden und in Klarheit zu entscheiden, was davon in den Unterricht einfließen soll/darf. Es reicht nicht, dass vordergründig im Unterricht „nicht politisiert“ oder nicht über Religionen gesprochen wird! Vielmehr sollte die Lehrperson ihre eigenen Grundannahmen offenlegen und soweit wie möglich auch affektive Ziele mit den Lernenden vereinbaren. Affektive Ziele sollten freiwillig sein – Zwang und Manipulation widersprechen dem Selbstbestimmungsrecht und der Würde von erwachsenen Menschen.
Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Lizenz: Namensnennung, Nicht-kommerziell, Weitergabe unter gleichen Bedingungen, 4.0 International (CC BY-NC-SA 4.0) by Ruth Meyer Junker www.arbowis.ch
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Warum Lernziele nicht nur für die Kursplanung relevant sind
Bei der Kursplanung sind die Ziele, die mit einem Training oder einem Kurs erreicht werden sollen, von großer Bedeutung. Sie sind die Grundlage, von der Inhalte und Methoden abgeleitet werden. Aber was hat es mit den Lernzielen genau auf sich und warum sind sie auch für die Lernenden wichtig? Wie kann ich Ziele für meine Lernenden transparent machen und für ein gelingendes Lernen nutzen? Diesen Fragen geht der Lernpfad nach.
Hier geht´s zum Lernpfad: Warum Lernziele nicht nur für die Kursplanung relevant sind und wie sie transparent gemacht werden